Umgang und Prävention von Hinlauftendenzen bei Demenzpatienten

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Reiner Henrich

Demenz ist eine fortschreitende, neurologische Erkrankung, die das Gedächtnis, das Denken, das Verhalten und die Fähigkeit, alltägliche Aufgaben auszuführen, beeinträchtigt. Eine der Herausforderungen im Umgang mit Demenzpatienten ist die Tendenz, sich zu entfernen oder zu verirren, auch bekannt als “Hinlauftendenz”. Dieses Phänomen kann sowohl für die Patienten als auch für ihre Betreuer erheblichen Stress und Risiken mit sich bringen.

Ursachen und Risiken der Hinlauftendenz

Die Gründe für das Weglaufen oder Verirren können von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Einige Patienten könnten versuchen, einer Situation zu entkommen, die sie als bedrohlich oder unangenehm empfinden. Andere könnten versuchen zu einem bestimmten Ort zu gelangen, um eine Aufgabe zu erfüllen, die in ihrer Vergangenheit relevant war. In einigen Fällen kann das Weglaufen auch ein Zeichen dafür sein, dass der Patient nach etwas sucht, sei es ein physischer Ort oder ein Gefühl von Komfort und Sicherheit.

Das Weglaufen von Demenzpatienten birgt erhebliche Risiken. Patienten können sich verlaufen, stürzen, dehydrieren oder unter extremen Wetterbedingungen leiden. Sie können auch Schwierigkeiten haben, sich an Verkehrsregeln zu erinnern oder Gefahren im Straßenverkehr richtig einzuschätzen.

Umgang mit Hinlauftendenzen

Wenn ein Demenzpatient vermisst wird, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und systematisch vorzugehen. Mitarbeitende sollten ihre Aufgaben koordinieren, um sicherzustellen, dass die Versorgung der anderen Patienten weiterhin gewährleistet ist. Es sollte eine gründliche Suche in der Einrichtung und in der unmittelbaren Umgebung durchgeführt werden. Wenn der Patient nicht gefunden werden kann, sollten die Angehörigen und/oder gesetzlichen Betreuer informiert werden. In Absprache mit den Angehörigen kann dann entschieden werden, ob die Polizei informiert werden sollte.

Präventionsstrategien

Obwohl keine universelle Lösung zur Verhinderung von Hinlauftendenzen angewandt werden kann, gibt es mehrere Strategien, die hilfreich sein können. Dazu gehören:

Individualisierte Betreuung: Jeder Patient ist einzigartig. Daher ist es wichtig, die spezifischen Bedürfnisse, Vorlieben und Verhaltensmuster jedes Patienten zu verstehen. Dies kann dazu beitragen, potenzielle Auslöser für das Weglaufen zu identifizieren und geeignete Präventionsstrategien zu entwickeln.
Aktive Einbindung: Das Einbeziehen der Patienten in sinnvolle Aktivitäten kann dazu beitragen, Unruhe und Langeweile zu reduzieren, die oft zu Hinlauftendenzen führen. Dies könnte Aktivitäten wie Kochen, Gartenarbeit oder Spiele beinhalten.
Sichere Umgebung: Die Gestaltung einer sicheren und einladenden Umgebung kann dazu beitragen, das Risiko von Hinlauftendenzen zu verringern. Dies könnte die Bereitstellung von sicheren Außenbereichen, die Verwendung von Türsensoren oder einem Windspiel über Ausgangstüren, sodass Sie ein Signal erhalten, wenn diese geöffnet werden und die Gestaltung von Innenräumen, die den Patienten an ihre eigene Wohnung erinnern, beinhalten.

Statten Sie die Kleidung des Betroffenen mit Adresse und Telefonnummer aus. Ein Zettel oder eine Visitenkarte in der Jackentasche kann bereits hilfreich sein. Prüfen Sie regelmäßig, ob diese nicht entfernt oder verloren wurden.

Nehmen Sie Türen optisch aus dem Blickfeld, falls machbar und reduzieren Sie das Interesse daran. Beispielsweise mit einem Vorhang. Auch ein einfaches Schild mit „Kein Zutritt“ o.ä. an der Tür kann im Einzelfall als Behelf erst einmal ausreichen. Beachten Sie jedoch, dass das bloße Blockieren oder Verstecken eines Auswegs nicht immer zur Beruhigung beiträgt und das vorhandene Bedürfnis oder Ziel nicht erfüllt und ggf. neue Gefahren dadurch entstehen.

Kommunikation und Schulung: Es ist wichtig, dass alle Mitarbeiter und Angehörigen über die Risiken und Präventionsstrategien für Hinlauftendenzen informiert sind. Dies kann durch regelmäßige Schulungen und Informationsaustausch erreicht werden.

Fazit

Hinlauftendenzen bei Demenzpatienten stellen eine erhebliche Herausforderung dar. Durch ein besseres Verständnis der Ursachen und Risiken, die Anwendung effektiver Handhabungsstrategien und die Implementierung geeigneter Präventionsmaßnahmen, können Betreuer dazu beitragen, die Sicherheit und das Wohlbefinden der Patienten zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass diese Strategien auf die individuellen Bedürfnisse jedes Patienten abgestimmt sind und sie in einer Weise umgesetzt werden, die die Würde und Autonomie des Patienten respektieren.

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