Expertenstandard Delir: Qualitätssprung in der pflegerischen Versorgung

Expertenstandard Delir Qualitätssprung in der pflegerischen Versorgung

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Das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege entwickelt ab Sommer 2025 einen neuen Expertenstandard zur Delir-Versorgung – ein längst überfälliger Schritt zur Verbesserung der Pflegequalität.

Die pflegerische Versorgung von Menschen mit Delir gehört zu den komplexesten Herausforderungen im Gesundheitswesen. Der akute Verwirrtheitszustand wird häufig verkannt oder fälschlicherweise als demenzielle Erkrankung interpretiert – mit gravierenden Folgen für die BetroGenen. Das Deutsche Netzwerk für
Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) unter Leitung von Prof. Dr. Rebecca Palm (Universität Oldenburg) nimmt sich dieser Problematik an und startet im Sommer 2025 die Entwicklung eines spezifischen Expertenstandards.

Evidenzbasierte Grundlagen schaffen

Der für 2027 geplante Standard basiert auf einer umfassenden Literaturrecherche und orientiert sich an internationalen Leitlinien. Validierte Assessment-Instrumente wie NuDESC (Nursing Delirium Screening Scale), 4AT (4 A’s Test) und CAM (Confusion Assessment Method) werden zentrale Komponenten bilden. Diese Instrumente ermöglichen eine differenzierte Diagnostik und Abgrenzung zu anderen kognitiven Störungen.

Die Qualifizierung der Pflegefachpersonen steht dabei im Mittelpunkt. Nur durch fundierte Kenntnisse über Delir-Symptomatik und deren Verlauf können Pflegende eine frühzeitige Erkennung und angemessene Intervention gewährleisten.

Präventive Strategien im Fokus

Der neue Standard verfolgt einen präventiven Ansatz. Systematisches Risikomanagement soll die Identifikation Delir-begünstigender Faktoren ermöglichen.
Dazu gehören:
Flüssigkeitsmanagement: Prävention und Behandlung von Dehydratation
Infektionsmanagement: Früherkennung und adäquate Behandlung von Infektionen
Medikamentenmanagement: Überwachung potenziell delirogener Substanzen
Schlafhygiene: Förderung des Tag-Nacht-Rhythmus
Schmerzmanagement: Angemessene Analgesie ohne Überdosierung

Nicht-pharmakologische Interventionen

Prof. Dr. Palm betont die Bedeutung nicht-medikamentöser Maßnahmen: „Orientierungshilfen, strukturierte Tagesabläufe und eine reizarme, vertraute Umgebung sind essenzielle Therapiebausteine.“ Die Einbeziehung von Angehörigen als therapeutische Partner wird dabei explizit berücksichtigt.

Implementierungsherausforderungen

Die erfolgreiche Umsetzung des Standards erfordert strukturelle Veränderungen in den Einrichtungen. Interprofessionelle Kommunikation zwischen Pflege, Medizin und anderen Therapeuten muss systematisch etabliert werden. Kontinuierliche Fortbildung und klare Prozessabläufe sind unerlässlich.

Nach der Konsensuskonferenz 2027 werden etwa 25 bis 30 Einrichtungen den Standard pilotieren. Diese Implementierungsphase dient der Praxiserprobung und Identifikation von Umsetzungsbarrieren.

Erwartete Outcomes

Der Expertenstandard Delir zielt auf messbare Verbesserungen ab:
• Reduktion der Delir-Inzidenz durch präventive Maßnahmen
• Verkürzung der Delir-Dauer durch frühzeitige Erkennung
• Senkung der Mortalität und Morbidität
• Vermeidung von Folgeschäden wie dauerhaften kognitiven Einbußen
• Verringerung der Verweildauer in stationären Einrichtungen

Nachhaltigkeit sicherstellen

Die langfristige Wirksamkeit des Standards steht und fällt mit seiner konsequenten Implementierung. Regelmäßige Evaluationen, interne Audits und kontinuierliche Schulungen sind erforderlich. Prof. Palm fasst zusammen: „Nur durch die Verzahnung von Prävention, Früherkennung und adäquater Therapie können wir die Versorgungsqualität nachhaltig verbessern.“

Die Pflegepraxis wartet gespannt auf die konkreten Empfehlungen, die 2027 vorgestellt werden. Der Expertenstandard Delir hat das Potenzial, einen Paradigmenwechsel in der Versorgung kognitiv beeinträchtigter Menschen einzuleiten.

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