Abschalten mithilfe von Snoezelen
Jetzt ist wieder die kalte Jahreszeit. Die vorweihnachtlichen, hektischen Tage sind vorbei und wahrscheinlich haben viele von Euch in dieser Zeit vergessen, auch für sich Zeiten einzuplanen, in denen man zur Ruhe kommt und vom Alltagsstress abschalten kann. Aber nicht nur zu dieser Jahreszeit ist es wichtig, ein Ritual zu haben, bei dem man sich entspannen kann. Jan Hulsegge, ein Musiktherapeut und Ad Verheul, ein Beschäftigungstherapeut, zwei Niederländer des De Hartenberg Instituts in den Niederlanden haben 1978 den Neologismus „Snoezelen“ geschaffen. Das neu erfundene Wort, zusammengesetzt aus den niederländischen Begriffen „snuffelen“ (schnüffeln, schnuppern) und „doezelen“ (dösen, schlummern) beschreibt ein Angebot für alle Menschen, die nach Entspannung und Ruhe suchen. Dabei befindet man sich in einem warmen, gemütlichen Raum, legt sich bequem hin und genießt Lichteffekte und Musik. Als diese Form von Entspannung erfunden wurde, fand es als Freizeitangebot Verwendung in der Mehrfach- und Schwerstbehinderung, seit den 1990er Jahren wird es auch für Demenzpatienten angeboten. In Senioreneinrichtungen gibt es eigens dafür geschaffene Räume, ähnlich Meditationssälen, in denen in einer Wohlfühlumgebung die primären Sinne angesprochen werden. So können sich die Betreuten bewusst auf einen Reiz konzentrieren und wie dieser sich auf die Wahrnehmung auswirkt. Diese Räume sind mit bequemen Möbeln, wie Liegen, Bodenkissen oder Sesseln ausgestattet, zudem finden sich meist Lavalampen oder Laternen, Sternenhimmelprojektoren, generell warme Lichtquellen, Wasserbetten, Klangschalen, Glocken, Mobiles, Vibrationsgegenstände, Massageplätze, Duftlampen, Musikspieler, Bodenplatten zum Tasten und Fühlen und vieles mehr. Einzug findet alles, was die fünf Sinne stimuliert. Der Betreuer in diesem Raum sollte durch ruhiges Auftreten und dem Respekt vor den Wünschen der Patientin oder dem Patienten für eine angenehme, stressfreie Atmosphäre sorgen, hilfreich dabei ist auch beruhigende Hintergrundmusik. Die Einsatzgebiete dieses Konzeptes haben sich von Mehrfach und Schwerstbehinderteneinrichtungen auf alle psychischen Krankheitsbilder, Hospizen, Schulen und Kindergärten ausgeweitet. Generell kann dieses Angebot allen Menschen helfen, solche Räume kann man sich zuhause auch sehr gut schaffen und dann in Eigenregie bewusst die Sinne trainieren und wahrnehmen. Die Grundannahme hinter diesem Konzept ist, dass gerade geistig behinderte oder sonstig eingeschränkte Mitmenschen im Alltag oft von den vielen Reizen überflutet werden. Eine solche Überforderung führt schnell zu einer Dauerbelastung und verschlechtert oft das Krankheitsbild. Während dem Snoezelen können die Betroffenen dieser Reizüberflutung ausweichen und sich bewusst nur auf eines konzentrieren. Daher ist das Angebot auch für hochsensible Menschen geeignet, die ebenfalls tagtäglich eine Reizüberflutung erleben oder einfach auch für Menschen, die durch ihren Alltag überfordert sind, an Konzentrationsproblemen, emotionalen Problemen oder Aufmerksamkeitsstörungen leiden. Ziele des Snoezelen sind die Verbesserung der Lebensqualität, eine bewusste Kommunikationsmöglichkeit zu finden, individuelle Bedürfnisse zu erkennen, Wohlbefinden erzeugen, Vertrauen und Entspannung fördern, neue Wahrnehmungen zu erkennen, Stressbewältigung, Gefühle ausleben, die Autonomie zu fördern und viele mehr. Da dieses Konzept bereits seit Jahrzehnten angewandt wird, gibt es auch klare Beweise, die bestätigen, dass Snoezelen wirksam ist. Beteiligte werden deutlich ruhiger, zeigen weniger apathisches oder aggressives Verhalten, ziehen sich weniger zurück, sprechen deutlicher und in ganzen Sätzen und zeigen generell eine deutlich positivere Grundstimmung. Ambulante Pflegedienste, die Demenzpatienten betreuen, Hospizen oder psychiatrische Abteilungen sollten also unbedingt dafür sorgen, dass sie den Patientinnen und Patienten einen solchen Raum zur Verfügung stellen können, denn mit wenig Einsatz kann den Menschen immens geholfen werden.
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