Die kollegiale Beratung

Der Pflegeberuf ist gekennzeichnet von Teamarbeit, nur in guter Zusammenarbeit kann man das bestmögliche Ergebnis für die Pflegekunden, die Einrichtung und auch individuell erreichen. Dennoch zeigt die Praxis, dass die meisten Pflegefachkräfte herausfordernde Situationen allein bestehen müssen. Zunächst ist es dabei aufgrund der Tatsache, dass Menschen soziale Lebewesen sind und den Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten, Patientinnen oder Patienten, den Angehörigen und dem privaten Umfeld zwingend brauchen und weil die beste Lösung nur in Anbetracht verschiedener Lösungswege gefunden werden kann, wichtig, dass hier eine Beratung im Team oder unter Arbeitnehmern, welche in ähnlichen Berufsfeldern arbeiten, stattfinden kann. Und dazu zählt neben den standardmäßigen Team- /Fallbesprechungen oder auch den Expertenberatungen die kollegiale Beratung. Damit ist eben nicht zwingend ein Austausch zwischen Kolleginnen oder Kollegen eines Pflegeteams gemeint, sondern vielleicht auch zwischen unterschiedlichen Teams oder innerhalb der Führungsebene. Diese Form der Kommunikation meint nun aber nicht den schnellen Austausch über ein gerade aufgekommenes Problem in den Pausen oder, noch schlimmer, nach Feierabend, sondern ein von einem Moderator geführtes Gespräch, das vorher gründlich organisiert wurde. Die Regeln hierbei sind ähnlich einer Fallbesprechung, nämlich im Voraus zu planen, wer teilnimmt, das Thema vorher zu verkünden, damit sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorbereiten
können und ganz banal, aber sehr wichtig: alle möglichen Störfaktoren währenddessen auszuschalten, wie Handybenachrichtigungen oder Klingeltöne. Solche Unterbrechungen passieren häufig, schaden einer funktionierenden Kommunikation aber ungemein. Zur Organisation eines solchen Beratungsgespräches gehören schnelle Informationsweitergabe an die Beteiligten, denn sobald ein Problem auftaucht, muss man schnell nach einer Lösung suchen. Der Raum sollte ruhig sein, die Stühle im besten zu einem Kreis angeordnet, Stift und Papier sollten alle Beteiligten bereithalten und die Zeiten müssen vorher festgelegt und auch eingehalten werden, damit alle Teilnehmenden planen können. Die wichtigsten Rollen übernehmen der Fallerzähler, also die Person, die beraten wird
und Hilfe benötigt, der Moderator, welcher die Gruppe leitet und das Gespräch koordiniert und alle anderen nehmen die Rolle der Beratenden ein, die mit ihren Ideen und Lösungsansätzen dem Fallerzähler helfen, eine für ihn geeignete Lösung zu finden. Denn genau darum geht es bei solch einer kollegialen Beratung im Grunde. Die Beratenden liefern aus Erfahrung oder aus kreativem Einfallsreichtum Lösungsvorschläge und eventuell eigene Erfahrungsberichte, die dann dem
Problemstellenden helfen, autonom einen Ausweg aus ihrer oder seiner Situation zu finden. Im Gegensatz dazu steht das Expertengespräch oder die Expertenberatung, bei der sich die hilfesuchende Person an eine Expertin oder einen Experten wendet, die oder der meistens eine Musterlösung parat haben, mit welcher aus medizinischer/psychologischer/pflegerischer oder therapeutischer Sicht das beste Ergebnis erreicht werden kann, eine Musterlösung soll bei einer kollegialen Beratung gar nicht gefunden werden. Es geht hierbei nur darum, Denkanstöße zu sammeln, diese festzuhalten, um in späteren, ähnlichen Situationen einen Anreiz zu haben und der zu beratenden Person hier und jetzt unmittelbar helfen zu können. Im Zuge dessen lernen die Beteiligten, proaktiv, ohne auf Anstöße der Vorgesetzten warten zu müssen, zu handeln und eigenständig Lösungen zu finden, sowie funktionierende Kommunikation anzuwenden und zu etablieren. Wenn sich immer wieder die gleiche Gruppe trifft, wird es von Mal zu Mal schneller ablaufen und man wird in Sachen Kommunikation stetig wachsen und sich weiterentwickeln können. Und gerade in einem sehr teamgesteuerten Beruf und im gesellschaftlichen Leben ist die Kommunikation der Schlüssel zu einem erfolgreichen Miteinander.

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Ansprechpartner

Reiner Henrich