Künstliche Intelligenz und Wundversorgung

Die moderne Wundversorgung arbeitet bereits seit Jahren mit moderner Technik, beispielsweise in der Radiologie oder auch bei chirurgischen Eingriffen sind Nanotechnologie und andere neuartige Entwicklungen nicht mehr wegzudenken. Wäre eine künstliche Intelligenz (KI) denn auch bei der Wundversorgung, besonders bei chronischen Wunden, denkbar? Schließlich könnte man so die Dynamik bei der Diagnostik und auch bei den Therapiemaßnahmen vorantreiben und für eine effektivere Behandlung der Patientinnen und Patienten sorgen. Vorab, das Prinzip der Wundversorgung ist ein sehr komplexes und bedarf einiger Leitlinien und Empfehlungen von erfahrenen Pflegefachkräften, damit bei den zahlreichen Unterscheidungen von Wunden und deren Therapiemaßnahmen keine verheerenden und der Therapie schadenden Fehler unterlaufen. Zunächst muss man die Wunde, welche nie eine eigenständige Krankheit, sondern immer ein Symptom einer Krankheit ist, diagnostizieren und die richtige, wirksame (Schmerz-)Therapie einleiten. Dazu gehören die Lokaltherapie, Exsudations- und Kompressionstherapie. Falls es im Verlauf der Therapie zu einer Stagnation kommt, muss eine Re-Evaluation erfolgen. Die Wundversorgung muss von den ambulanten Pflegefachkräften dokumentiert und an die Pflege- und Krankenkassen mit Unterschrift der Patientin oder des Patienten weitergegeben werden. Dieser Schritt der Wundversorgung ist immer noch, in diesem von Technik und Digitalisierung geprägtem Zeitalter, eine große bürokratische und auch politische Hürde, die auf beiden Seiten der Beteiligten mit erheblichem Mehraufwand verbunden ist. Ebenfalls zu dokumentieren ist die Lebensqualität der Menschen mit chronischen Wunden. In vielen Fällen kommt es zu einer (erheblichen) Beeinträchtigung der Lebensqualität und auch der Lebensfreude, da die Wunden oftmals sehr schmerzhaft sind, Außenstehende diese Wunden als unangenehm empfinden und Betroffene ohne pflegerische Hilfe ihren gewohnten Lebensstandard nicht aufrechterhalten können. Ein Tipp an alle ambulanten und auch stationären Pflegefachkräfte: die gesammelten Erfahrungen können beim Thema Wundversorgung eine große Hilfe sein, oftmals führt sie aber dazu, dass neue Methoden, die vielleicht effektiver wären, außen vor gelassen werden, mit der Begründung: „das habe ich immer schon so gemacht“. Also trauen Sie sich an die empfohlenen, evidenzbasierten Therapien und denken Sie nicht, bestimmte Medikamente würden sowieso nichts bringen oder dass die Wundversorgung viel zu teuer sei: je kürzer und effektiver, desto preiswerter ist sie am Ende. Die Künstliche Intelligenz soll nun genau hier eingreifen und eine große Hilfestellung leisten. Zu beachten gilt, dass die KI nur so gut arbeiten kann, wie sie mit Erfahrung und Training „gefüttert“ wird, also wie sie implementiert und aufgebaut wird und eine Grundvoraussetzung ist, dass sie selbstlernend ist. Gerade bei komplexen chronischen Wunden, kann die KI die menschliche Intelligenz unterstützen, indem sie die Pflegefachkräfte bei der Versorgung leitet und die Therapie durch Telematik vernetzt. Um die KI zum laufen zu bringen, benötigt man Algorithmen, die alle Schritte der Wundversorgung und Therapie verbinden und untereinander vernetzen können, damit die Beeinflussungen aufeinander erfasst werden können. Ob beispielsweise die Therapie anschlägt, wie sich verschiedene Maßnahmen oder Medikamente auf die Wirksamkeit auswirken und so weiter. Um solche Algorithmen programmieren zu können, muss man die Ziele der Therapie, den konkreten Zustand des Betroffenen, die Ursachen und Wirkungen bestimmter Maßnahmen und die konkrete Definition von Begriffen, sowie konkrete Beschreibungen der Verfahren klar formulieren. Herausforderungen bei dieser Programmierung liegen nicht darin, dieses theoretische Wissen zu vermitteln, sondern die praktischen Erfahrungen, die die humane Intelligenz klar aufweisen kann, der KI beizubringen. Ob diese anhand eines Fotos erkennen kann, in welchem Zustand sich die Wunde befindet und was sich im Heilungsverlauf verändert, ist umstritten. Genauso, ob eine KI Hautrötungen, Exsudat Veränderung oder eine Stagnation sicher ermitteln kann, denn eine Pflegefachkraft wird darauf geschult. Bei diesen Herausforderungen gibt es noch weitere Problemfelder, auch evidenzbasiert, das heißt, ob man sich tatsächlich auf die Ergebnisse der KI voll und ganz verlassen kann. Auf der anderen Seite ist sie gerade bei der Evidenz eine große Hilfe, aufgrund der Sachlichkeit und Struktur der KI. Schlussendlich schafft die KI definitiv Abhilfe bei der Komplexität chronischer Wunden und kann, anstatt der oftmals mangelhaften Orientierungshilfen und bereitgestellter Leitlinien, den Pflegefachkräften bei der komplexen Diagnostik und Therapie effektiv unter die Arme greifen. Auch kann sie den Lokal-Therapieverlauf, sowie die Evidenzgrundlage verbessern und somit effektiver und preiswerter arbeiten. Das größte Hindernis und die Tatsache, warum der Gebrauch von KI in der Realität oftmals scheitert, ist jedoch der Aufbau dieser Algorithmen, angefangen mit dem Aufbau eines gelungenen und qualitativ korrekten Wundregisters. Also wieder bürokratische und auch datenschutzrechtliche Hürden, die hier auf die Betroffenen zukommen. Alles in allem würde der Gebrauch von KI der Wundversorgung und dem pflegerischem Alltag Gutes tun, die tatsächliche Umsetzung und der korrekte Gebrauch anschließend, stellen ein Hindernis dar, an dem gearbeitet wird, damit man dieses in Zukunft hoffentlich überwinden kann.

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Ansprechpartner

Reiner Henrich