Hinweis Umsetzung der EU-Richtlinie zu Arbeitsbedingungen
Übersicht über bevorstehende Veränderungen
Die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union muss in Deutschland umgesetzt werden. Aktuell liegt ein Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 20/1636) vor. Dieser befindet sich in der parlamentarischen Beratung. Noch vor der Sommerpause sollen die neuen Regelungen verabschiedet werden. Diesmal scheint es so, als würde der Gesetzgeber – anders als beim Hinweisgeberschutz – rechtzeitig handeln.
Welche neuen Pflichten kommen auf Arbeitgeber zu?
Die Änderungen betreffen eine Vielzahl von Gesetzen, im Wesentlichen jedoch das Nachweisgesetz (NachwG).
Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG)
Das NachwG verpflichtet Arbeitgeber, die wesentlichen Bedingungen eines Arbeitsvertrages aufzuzeichnen, eine Niederschrift (Übersicht über Vertragsinhalte) anzufertigen, zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Mit den geplanten Änderungen zum NachwG kommen Ergänzungen in der Niederschrift für neu zu begründende Arbeitsverhältnisse hinzu.
Pflichten bei der Begründung neuer Arbeitsverhältnisse
Der Katalog in § 2 NachwG wird um die nachfolgenden Punkte erweitert:
o die Dauer der vereinbarten Probezeit;
o die vereinbarten Ruhepausen und -zeiten; bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen;
o bei Arbeit auf Abruf die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat; die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden; ferner der Zeitrahmen (Referenztage und -stunden), der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und die Frist, innerhalb deren der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat;
o die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
o das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren.
Die Niederschrift ist nunmehr bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen, statt bisher erst einen Monat nach Beginn.
Pflichten im bestehenden Arbeitsverhältnis
Arbeitnehmer können eine Niederschrift mit den wesentlichen Angaben beim Arbeitgeber anfordern. Der Arbeitgeber soll daher dazu verpflichtet werden, Arbeitnehmern, mit denen bereits vor dem 1. August 2022 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, die Niederschrift über wesentliche Angaben spätestens am siebten Tag nach Zugang der entsprechenden Aufforderung auszuhändigen.
Konsequenzen bei Verstößen
Bisher waren Verstöße gegen das Nachweisgesetz nicht sanktioniert. Der Gesetzesentwurf sieht nunmehr auch die Einführung eines Ordnungswidrigkeitentatbestandes vor. Verstöße gegen Nachweispflichten sollen demnach mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 € geahndet werden können.
Änderungen in weiteren Gesetzen
Änderung im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
Bescheidungspflicht
Anfragen von in Teilzeit und befristetet beschäftigten Arbeitnehmern, die in Textform ihren Wunsch nach Veränderung oder nach einem unbefristeten Arbeitsverhältnis angezeigt haben, sind innerhalb eines Monats zu bescheiden. Der Arbeitsnehmer soll einen Anspruch auf eine begründete Antwort in Textform erhalten.
Informationspflicht
Überdies soll der Arbeitgeber die Arbeitnehmer, die Ihren Wunsch nach Veränderung oder Entfristung angezeigt haben, über entsprechende Arbeitsplätze, die im Betrieb oder Unternehmen besetzt werden sollen, informieren.
Arbeit auf Abruf
Auch die Regelung zur Arbeit auf Abruf soll ergänzt werden. Es ist beabsichtigt § 12 des Teilzeitbefristungsgesetzes (TzBfG) um eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu ergänzen, den Zeitrahmen (Referenzstunden und -tage) festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann. Die Pflicht zur Arbeitsleistung soll dabei nur bestehen, wenn diese im vorgegebenen Zeitrahmen zu erfolgen hat. In der Konsequenz wird dem Arbeitnehmer ein Verweigerungsrecht eingeräumt, wenn entweder kein Zeitrahmen festgelegt wurde oder der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung außerhalb des festgelegten Zeitrahmens auffordert.
Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Im Gesetzentwurf vorgesehen ist eine Ergänzung in § 13a AÜG. Der Entleiher soll einem Leiharbeitnehmer, der ihm seit mindestens sechs Monaten überlassen ist und der ihm in Textform den Wunsch nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrags angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitteilen. Mit der Ergänzung soll dem Leiharbeitnehmer durch die Information über freie Arbeitsplätze des Entleihers, die Anzeige des Übernahmewunsches und die vom Entleiher zu begründende Antwort die Übernahme in die Stammbelegschaft erleichtert werden.
Änderung der Gewerbeordnung (GewO)
Die GewO soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine Regelung über Pflichtfortbildungen enthalten. Die Kosten für eine Pflichtfortbildung obliegen danach ausschließlich dem Arbeitgeber. (Vollständige oder anteilige) Kosten dem Arbeitnehmer aufzuerlegen, ist dann nicht mehr möglich. Die Teilnahme an Pflichtfortbildungen wird auch, soweit sie außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfindet, als Arbeitszeit angerechnet.
Fazit
Erneut werden Arbeitgeber mit weiteren Pflichten und Aufgaben, also mit Mehraufwand belastet. Deutschland als Mitgliedstaat ist verpflichtet, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 31. Juli 2022 zu erlassen. Die Zeit drängt, sodass wesentliche Änderungen des vorgelegten Gesetzesentwurfs nicht zu erwarten sind. Arbeitgebern ist dringend zu empfehlen, sich rechtzeitig mit den anstehenden Änderungen auseinanderzusetzen und ggf. bestehende Arbeitsvertragsmuster anzupassen, da ihnen anderenfalls ein Bußgeld droht. Gerne unterstützen wir Sie hierbei und beantworten Fragen zu einem etwaigen Handlungsbedarf.
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Ansprechpartner
Rechtsanwalt Markus Presch
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