Liliane Juchli

Mit großer Trauer und Respekt gedenken wir der sehr bedeutenden Persönlichkeit, Ordensschwester Liliane Juchli. Im November 2020 ist die “Grande Dame der Pflege”, wie sie wegen ihres unermüdlichen Engagements und der langjährigen Verbreitung von Pflegevorschriften respektvoll genannt wurde, im Alter von 87 Jahren verstorben. Ihr beruflicher Werdegang begann in den 1950er Jahren, als sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester abschloss und anschließend mehrere Jahre als Pflegerin arbeitete. Anschließend übernahm sie eine Vertretung an einer Pflegeschule und entdeckte ihr Talent für die pädagogische Aufbereitung von Wissen. Durch eine weitere Qualifizierung als Schulschwester am Theodosianum in St. Gallen im Jahr 1960, konnte sie dieses Talent professionell vollenden. Ihre umfassenden Kenntnisse in der Pflege sammelte sie über die folgenden Jahre und verfasste schließlich das 500-seitige Standardhandbuch “Thiemes Pflege”. Dieses Pflegefachbuch wird seitdem im deutschsprachigen Raum verwand als auch im Ausland und wurde über die Jahre immer weiter ratifiziert und veröffentlicht und beeinflusste so nicht nur generationsübergreifend das Lehrwerk, sondern auch den praktischen Alltag einer jeden Pflegerin und jeden Pflegers. Liliane Juchli hinterlässt uns ein Lied der Dankbarkeit und Anerkennung. Mit ihrer Güte, Klugheit und Weisheit hat sie ein unverzichtbares, stetiges Vermächtnis hinterlassen. Wir alle können stolz sein auf ihr Lebenswerk und ihren Einfluss auf die Pflege und dessen Entwicklung. Der Georg Thieme Verlag erkannte das Potenzial ihres Kompendiums und brachte 1973 die erste Ausgabe von „Krankenpflege“ heraus. Dieses Werk begleitete über vierzig Jahre lang verschiedene Generationen an PflegerInnen und wurde unter dem Namen „der Juchli“ bekannt. In der mittlerweile 15. Auflage, die unter dem Titel „Thiemes Pflege“ herausgegeben wird, leisteten die Autor/innen Susanne Schewior-Popp, Franz Sitzmann und Lothar Ullrich einen wertvollen Beitrag dazu. Liliane Juchli war es, welche im Laufe der 1970er-Jahre, die Pflegefachkräfte dazu inspirierte, sich auf ein ganzheitliches Pflegen des Menschen zu besinnen und sich nicht nur auf die körperlichen und seelischen Bedürfnisse des Pflegebedürftigen zu konzentrieren, sondern auch die des Pflegenden. Durch ihre eigenen persönlichen Erfahrungen mit Erschöpfung, Depression und anschließender Erholung ermöglichte sie es, dass die Pflegeberufe eine weitere Professionalisierung erfuhren, was schließlich zu einer Aufwertung der Berufe führte. Der 4. Auflage des Lehrbuches, welche 1983 veröffentlicht wurde, legte sie ihr neues Menschenbild als Grundlage zugrunde und stellte hier erstmals die „ATL“, die Aktivitäten des täglichen Lebens, vor, um die grundlegenden und in der Pflege zu berücksichtigenden Lebensbereiche zu strukturieren. Das Werk von Liliane Juchli hat dazu beigetragen, dass die Pflegefachkräfte auf eine andere Weise an das Thema Pflege herangehen. Dadurch konnten neue Methoden entwickelt werden, welche es den Pfleger/innen erlauben, das Pflegen in einem ganzheitlichen Konzept zu betrachten und so sowohl das psychische als auch das physische Wohlbefinden beider Seiten, sowohl des Pflegebedürftigen als auch des Pflegenden, berücksichtigen. Liliane Juchli war eine Stütze für die Pflege, dank deren Engagement sich revolutionäre neue Ideen im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt haben. Seit den 1980er Jahren war die Pflegeexpertin auf nationalen und internationalen Pflegekongressen vertreten. Dort vermittelte sie in Vorträgen sowie Seminaren die Grundzüge ihres innovativen Pflegemodells. Zudem engagierte sie sich seelsorgerisch und therapeutisch, zusätzlich zur eigenen Ausbildung erwarb sie Qualifikationen, um Menschen in schwierigen Lebenssituationen beizustehen. In Pension ging sie 1998, ab da widmete sie sich vorrangig der Frage, wie Alter gut „gelingen“ kann. Sie blieb aber auch darüber hinaus hochaktiv im Themenbereich Pflege und betätigte sich besonders in religionsphilosophischer und Sinnfindung-Debatte. 2013 erhielt sie anlässlich ihres 80. Geburtstages sowie des 40-jährigen Jubiläums ihres Standardwerkes – einer biografischen Schrift über ihr Leben – eine Anerkennungsfeier im Wilhelma-Theater in Stuttgart. 2018 wurde sie mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland geehrt, bevor sie, nach einem erfüllten Leben, im November 2020 Jahres verstarb. Ihr Einsatz bleibt ein eindrückliches Beispiel dafür, wie man seine Begabungen nutzen kann, um einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben. Mit ihrem Standardwerk trägt Liliane Juchli indirekt weiterhin dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Pflege zu schärfen. Ihre Zuwendung zum Menschen machte sie zur Inspiration für alle, die ihr auf ihrem Weg begegneten. Die Branche ist voller Dankbarkeit und Trauer angesichts ihres Verlusts.

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Reiner Henrich