Schmerzen richtig dokumentieren

„Haben Sie Schmerzen?“ ist eine sehr gebräuchliche Floskel im Pflegealltag, die aber genauso wie die Frage „Wie geht es dir?“ beim Smalltalk viele Missverständnisse hervorrufen kann. Denn viele Menschen geben meist nicht die wahrheitsgetreue Antwort auf solche Fragen. So auch in der Pflege, denn fast ein Drittel aller älteren, kognitiv nicht eingeschränkten Menschen gaben in einer Studie 2015 an, Schmerzen gegenüber Fachkräften geleugnet zu haben, um ihrer Meinung nach dem Personal nicht zur Last zu fallen. Diese falschen Informationen hindern aber die Pflegenden daran, in ihrer Arbeit Erfolg zu erzielen. Schließlich können derartige Falschaussagen dazu führen, dass fehlerhafte Diagnosen gestellt werden und daraus resultierend kontraproduktiv behandelt wird.

Eine neue Leitlinie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachangestellten) soll den Pflegefachkräften unterstützend unter die Arme greifen und dabei helfen, Schmerzen richtig zu erfassen und danach zu handeln. Die Leitlinie ist in 62 Aussagen unterteilt und sehr verständlich aufgebaut und erklärt. Sie liefert Empfehlungsgrade mit wissenschaftlicher Evidenz, die mit deutlichen Formulierungen von „soll“, „sollte“, „kann“, „sollte nicht“ bis „soll nicht“ arbeiten. Die Schmerzerfassung ist damit in drei Schritte aufgeteilt, zunächst einmal innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Behandlung ein erstes Screening durchzuführen, also eine kurze Befragung des Schmerzzustandes, vor allem bei Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen, welche bekanntermaßen Schmerzen hervorrufen. Falls die Befragten keine Schmerzen angeben, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Hier ist aber Vorsicht geboten, wie bereits beschrieben machen einige Patientinnen und Patienten hier falsche Angaben. Die Befragung sollte möglichst einfach gehalten werden, Fragen wie „Wie stark sind die Schmerzen, wenn Sie sitzen oder liegen?“ und „Wie stark sind die Schmerzen, wenn Sie laufen oder stehen?“ sollten unbedingt beantwortet werden, damit Unterschiede zwischen Ruhe und Aktivität beobachtet werden. Auch können Körperstellen abgetastet werden mit der Ansage an die Pflegebedürftigen, sie sollen „aua“ sagen, wenn Sie Schmerzen haben. Grundsätzlich gilt hier, die Patientinnen und Patienten zu beobachten und daraus Schlüsse zu ziehen. Im zweiten Schritt werden die Schmerzen behandelt, bei akuten Schmerzen sollte unverzüglich eine Schmerzbehandlung eingeführt werden. Zu unterscheiden ist zwischen chronischen und akuten Schmerzen und die Wünsche der Behandelten sollten immer berücksichtigt werden. Zum zweiten Schritt zählt auch das Erfassen der Qualität der Schmerzen, wie die Lebensqualität dadurch eingeschränkt wird und wo genau die Schmerzen lokalisiert sind. Als Ergebnis sollte ein Konzept entwickelt sein, dass bisherige Therapiemaßnahmen überarbeitet und spezifisch für die Patientin oder den Patienten entwickelt wurde. Im dritten und langwierigsten Schritt sollen die Schmerzen und deren Entwicklung beobachtet und falls Handlungsbedarf besteht, die Therapie nach oben genannten Prinzipien überarbeitet werden.

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Ansprechpartner

Reiner Henrich